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Fasten - spirituelle Erfahrung oder Alltagshorror?

19.11.2018
Kaffee
Mein Leben für einen Kaffee

Seit ich Student war, faste ich einmal im Jahr während 1 Woche. Das heisst, ich trinke nur und esse nicht. Ich schätze diese Zeit als Auszeit aus dem Alltags-Hamsterrad.
Folgende Vorteile kann ich aus eigener Erfahrung aufzählen:

Positive Aspekte des Fastens:
- tieferer Schlaf
- leichteres Aufstehen
- entspannte Grundhaltung / Gelassenheit
- mehr Zeit
- gutes Körpergefühl
- Am Ende stolz zu sein, die Woche durchgehalten zu haben

Negative Aspekte des Fastens:
- vor allem am Anfang sehr viele Gedanken ans Essen (Lust zu snacken)
- soziale Isolation (kein gemeinsames Essen oder (Alkohol) trinken)
- vereinzelt Stimmungsschwankungen
- Kopfschmerzen die ersten 2 Tage aufgrund des Koffeinenzuges
- Essen als Freude und Ablenkung / Abwechslung fällt weg

Fasten im Hamsterrad
Ich sage es ungern: auch ich befinde mich oft im Hamsterrad: Aufstehen - Essen - Arbeiten - Essen - Arbeiten - Familie - Schlafen. Selbstverständlich ist dies nur das Grundgerüst und dazwischen kann ich mir einige Zeit für Youtube, Korrespondenz, etc. rausnehmen. Aber es bleibt das dominante Gerüst.
Wie passt also Fasten hier rein?

Ein Selbstversuch
Eigentlich gibt es kaum einen idealen Zeitpunkt zum Fasten. Wichtige Voraussetzung ist jedoch eine Woche ohne gesellschaftliche Verpflichtungen wie Essen mit Freunden oder andere Einladungen.
Ich habe mir eine Woche Ende November ausgewählt.

Montag
Nach dem Eingewöhnungstag am Sonntag (weniger Essen, viel Trinken) geht es mit den Biottasäften los.
- 1 Flasche über den Tag verteilt,
- 1 dl am Morgen
- 1 dl am Nachmittag
- 1 dl am Abend + 2 dl Tomatensuppe
Die Kopfschmerzen beginnen am Nachmittag und halten den ganzen Tag an. Ich bin jedoch noch frohen Mutes.

Dienstag
Der Verzicht, bei Langeweile oder für eine kleine Pause etwas Schokolade zu essen oder einen Kaffee zu trinken ist hart. Am Abend bin ich etwas abgespannt bei meinen Eltern Es ist schwierig, dem Verzicht und der Askese etwas Positives abzugewinnen.

Mittwoch
Ich fange unbewusst an, meinen Kindern und meiner Frau Süssigkeiten im Haus zu verteilen. Die leicht gereizten Blicke meiner Frau kann ich nachvollziehen. Im Familienalltag ist Fasten schnell ein Ego-Ding: keine (richtigen) gemeinsamen Mahlzeiten, keinen gemeinsamen Kaffee, keine gemeinsame Freude am Essen, ...

Donnerstag
Es gibt die Momente, die ich auch früher hatte: Tiefenentspannt die Welt und ihr Treiben zu betrachten. Zu wenig Energie als dass ich mehr als blosser Zuschauer sein könnte. Dieses Gefühl beschreibe ich, wenn ich vom "Ausbruch aus dem Hamsterrad" spreche. Allerdings ist diese Entspanntheit ideal bei einem Waldspaziergang oder einem warmen Bad. Nicht jedoch, um energiegeladene Kinder ins Bett zu bringen. Ich komme hier an meine Grenzen. Ich sehne das Ende der Fastenwoche herbei.

Freitag
Diesen Tag ziehe ich noch durch und ich freue mich wie verrückt, wieder richtig essen zu dürfen. Da ich auch in dieser Woche jeden Tag ca.15-20 km radfahre, habe ich stark abgenommen - ca. 5 kg.
Als perfektes Ende isst meine Familie, die Freunde eingeladen hat, zum Abendessen Raclette, mein Lieblingsessen. Vor mir die lauwarme Tomatensuppe, sehe ich sie Wein trinken, Käse und Kartoffeln essen und den Abend geniessen. Sorry, für meine Laune, Leute. Aber das Fasten fühlt sich gerade echt besch***en an, auch wenn es selbstgewählt ist.

Samstag
Halleluja!!! Ende Fasten. Zum Frühstück 3 Stück Roggen-Knäckebrot als langsamen Einstieg ins Leben. Anstelle der 2 gedämpften Kartoffeln und den 2 Karotten, die laut Fastenplan am Abend empfohlen sind, esse ich einen Nüsslisalat mit Eierschwämmli, einen Wildteller und zum Dessert einen Coupe Dänemark, der göttlich schmeckt. Verdammt göttlich. Das Glas Wein zum Essen ist auch nur perfekt.

Fazit der Fastenwoche:
Es lebe das Essen!





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